Wie das weiße Gold der Weinebene verspielt wird 

Eine australische Firma will seit 2011 in Kärnten Lithium bergen. Bis heute fehlen Genehmigungen und 500 Millionen Dollar. Geht es European Lithium überhaupt um den Abbau?


In einem ehemaligen Reisebüro am Rand der Kärntner Bezirksstadt Wolfsberg, in der Lagerstraße 1, neben einer Autowerkstatt und gegenüber einem Nachtklub, residiert ein NASDAQ-notiertes Unternehmen, auf das viele große Hoffnungen setzen. European Lithium, so heißt die Firma des schillernden australischen Geschäftsmannes Tony Sage, will die Dominanz Chinas bei der Herstellung von Hochleistungsbatterien brechen und zugleich den Bergbau in Kärnten wiederbeleben. Das klingt gut. Zu gut, meinen viele, die mit dem Betreiber zu tun hatten.

Schlüsselrohstoff der Energiewende

Was außer Frage steht: Im Gemeindegebiet von Frantschach-St. Gertraud, dem Nachbarort von Wolfsberg, liegt eines der größten Lithiumvorkommen Europas. Lithium ist ein silbrig-weißes Leichtmetall, so weich, dass man es mit einem Buttermesser schneiden kann. Es kommt selten vor, was lang kein Problem war. Kleinere Mengen wurden in der Raumfahrt benötigt, für die Herstellung von Keramik, Ceran-Kochplatten und für Psychopharmaka. Seit Beginn der Nullerjahre ist das Metall aber heiß begehrt – als Bestandteil superstarker Akkus. Ohne Lithium würde unserem Smartphone rasch der Saft ausgehen, Elektroautos hätten nicht annähernd die Reichweite von Verbrennern. Die moderne Massenkommunikation wäre ebenso undenkbar wie die Mobilitätswende.

Und hier wird es haarig: Denn China kontrolliert gut 83 Prozent der Lieferwege für Lithium. Wir sind also abhängig von einer Diktatur, die den USA auf der Weltbühne die Führungsrolle streitig machen möchte. Die starken Batterien aus Peking, so die Befürchtung, bergen ein ähnliches Erpressungspotenzial wie russisches Gas.

Deshalb wird längst nach neuen Lithiumquellen gesucht. Eines der größten Vorkommen Europas liegt auf der Weinebene, im Grenzgebiet zwischen Kärnten und der Steiermark. Dort lagern mindestens 11,5 Millionen Tonnen lithiumhaltiges Erz. Glaubt man Dietrich Wanke, dem Vorstand von European Lithium, ließen sich daraus 8.000 bis 10.000 Tonnen des begehrten Lithiumhydroxids gewinnen – pro Jahr. Die Nachfrage ist vorhanden: Schätzungen zufolge wird allein die deutsche Autoindustrie bis 2030 jährlich mehr als 70.000 Tonnen davon brauchen. 25.000 Dollar kostet eine Tonne Lithiumhydroxid derzeit. „Das würde einen Umsatz von 200 Millionen pro Jahr bedeuten“, sagte Wanke unlängst in einem Interview mit dem ORF-Magazin Am Schauplatz. „Also zwei Milliarden Wertschöpfung in zehn Jahren.“ Ende 2025 könnten die Abbauarbeiten anlaufen, es gebe im Wesentlichen nur noch eine Hürde: „Uns fehlt rund eine halbe Milliarde Dollar.“ Ob das denn ein Problem sei, wollte der Interviewer wissen. Wanke: „Nö.“

Diesen Optimismus teilen nicht alle.

Weiterlesen: WZ, 3. August 2024